Im Interview mit Report(+)PLUS erklärt Robert Wasserbacher, Geschäftsführer des Forums mineralische Rohstoffe, die volkswirtschaftliche Bedeutung der Rohstoffgewinnung, warum die Branche in Brüssel mehr Gehör findet als auf Bezirksebene und dass der nationale Rohstoffplan zwar gut gemeint, aber oftmals wirkungslos ist.
Welche Rolle spielt die mineralische Rohstoffbranche für die heimische Wirtschaft?
Robert Wasserbacher: Zu diesem Thema wurde vor einigen Jahren eine Studie erstellt. Darin wird festgestellt, dass ohne die mineralische Rohstoffwirtschaft nichts geht. Unsere Rohstoffe sind die Basis für die Bauindustrie, für Infrastruktur und Wohnbau. Das kann man nicht ersetzen. Die Studie hat auch untersucht, was die Folgen wären, wenn die Rohstoffgewinnung reduziert würde.
Mit welchem Ergebnis?
Wasserbacher: Eine Reduktion um zehn Prozent könnte gerade noch mit Alternativen und Importen kompensiert werden. 20 Prozent Reduktion hätten einen enormen Einbruch im Bauwesen zur Folge und ab 30 Prozent ist Feierabend. Denn das würde eine Reduktion der volkswirtschaftlichen Produktion um mehr als drei Milliarden Euro bedeuten.
Man könnte doch einfach mehr importieren oder Baurestmassen recyclen.
Wasserbacher: Aber die Kosten würden explodieren und das Bauen damit unleistbar werden. Auch Recycling ist keine Lösung, weil man die geforderten Qualitäten nicht in ausreichender Menge gewinnen kann.
Wie lange kann der Bedarf an mineralischen Rohstoffen aus den heimischen Lagerstätten gedeckt werden?
Wasserbacher: Da muss man sich keine Sorgen machen. Alleine mit dem aktuell gültigen Rohstoffplan sind bei Sand und Kies die nächsten 50 Jahre gesichert und bei Steinen die nächsten 150 Jahre. 50 Jahre klingt jetzt nicht nach viel. Das liegt daran, dass man bei Sand und Kies neue Genehmigungen relativ schnell bekommt.
Welche Rolle spielt der Import von mineralischen Rohstoffen heute?
Wasserbacher: In grenznahen Gebieten im Burgenland ist das schon ein Thema. Denn die Preisunterschiede sind durch die höheren Lohnkosten und die Naturschutzabgabe, die im Burgenland zu entrichten ist, schon deutlich. Diese Naturschutzabgabe, die in einigen Bundesländern zu zahlen ist, muss man generell hinterfragen. Denn der Großteil der Rohstoffe geht in den Straßenbau. Und den zahlt bekanntlich die öffentliche Hand. Da zahlt die rechte Tasche in die linke Tasche. Wir haben das auch immer wieder versucht darzulegen, dass das unsinnig ist, leider ohne Erfolg.
Ziel des österreichischen Rohstoffplans war es unter anderem, Rohstoffgebiete zu identifizieren, die in keiner Weise mit anderen Schutzgütern wie wasserwirtschaftlichen Vorrangzonen oder Landschaftsschutzgebieten in Widerspruch stehen. Ist das aus Ihrer Sicht gelungen?
Wasserbacher: Das Forum Rohstoffe hat den nationalen Rohstoffplan von Anfang befürwortet und auch aktiv mit den Behörden zusammengearbeitet, weil wir die Flächennutzungskonflikte schon länger sehen. Der Rohstoffplan hätte ein Hilfsmittel sein sollen, um Rohstoffvorkommen zu identifizieren. Wenn etwa irgendwo ein Einkaufszentrum gebaut wird, wäre es doch klug, die im Boden befindlichen Rohstoffe vor Baustart zu gewinnen, bevor sie durch Bodenversiegelung für immer verloren gehen. Auch Bedarfsanalysen sind im Rohstoffplan enthalten, die das zu erwartende Bevölkerungswachstum berücksichtigen.
Warum wurden die Ziele des Rohstoffplans nicht erreicht?
Wasserbacher: Die Raumordnung ist Landessache. Der Rohstoffplan sollte die Raumplanung unterstützen. Faktisch es aber so, dass der Föderalismus dazu führt, dass die Länder auf ihre eigene Geologen setzen und sich in der Raumplanung nicht dreinreden lassen wollen. Durchgriffsrecht hat der Bund keines. Das heißt, die Länder können sich an den Rohstoffplan des Bundes halten, sie müssen aber nicht, wenn sie nicht wollen. Sie können, und das passiert in der Praxis auch, den Rohstoffplan ignorieren und eigene Erhebungen machen und sich danach richten. Das ist föderalistischer Geldvernichtungswahnsinn.
Rohstoffgewinnungsstätten sind nicht die beliebtesten Nachbarn. Wie schwer ist es für Unternehmen, ihrer Arbeit nachzugehen?
Wasserbacher: Die Genehmigungspraxis hat sich in den letzten 20 Jahren eingespielt und funktioniert ganz gut. Es gibt auch kaum politische Bestrebungen, Gewinnungsstätten zu schließen. Aber natürlich gibt es auch Ausnahmen. In Salzburg gibt es aktuell einen Fall, wo ein Unternehmen einen Steinbruch betreiben möchte, die Politik sich aus Rücksicht auf den Tourismus mit der Genehmigung ziert. Deshalb will die Politik jetzt vom Unternehmen einen Nachweis des Bedarfs. Nur, wo soll der das hernehmen? Das Land gibt ihm die Information nicht und der Bundesrohstoffplan darf laut Auftrag nur den Ländern ausgehändigt werden.
Werden die Interessen der Rohstoffbranche von der nationalen und europäischen Politik aus Ihrer Sicht ausreichend verstanden bzw. gewürdigt? Wo sehen Sie den größten Aufholbedarf?
Wasserbacher: Das ist schwer zu beantworten. Auf europäischer Ebene funktioniert es recht gut. Wir haben auch einen Gesteinsverband gegründet, der von der Kommission, dem Parlament und dem Rat auch als echter Partner gesehen wird, wenn es um Rohstoffe, Raumordnung und Biodiversität geht. Auf nationaler Ebene ist es komplexer. Für den Bund ist das Thema mit der Erstellung des Rohstoffplanes mehr oder weniger erledigt. Die Umsetzung wird als regionale Angelegenheit gesehen. Und da wird es dann kompliziert. Da spielen dann Bezirkshauptmannschaften, Bürgermeister und Anrainer mit und wenn es um Eigeninteressen geht, ist es mit der Solidarität schnell vorbei. Je weiter nach unten es in der Verwaltungshierarchie geht, umso komplizierter wird es.
Das Forum mineralische Rohstoffe sieht sich als offene Kommunikationsplattform nach innen und außen, zur Politik ebenso wie zu NGOs, Bürgerbewegungen, Anrainern und der interessierten Öffentlichkeit. Wo herrscht aktuell der größte Kommunikationsbedarf?
Wasserbacher: Den größten Bedarf gibt es mit Politik und Verwaltung auf Landes- und Bezirksebene. Die Politik kennt zwar die wirtschaftlichen Notwendigkeiten, steht aber natürlich im Spannungsfeld mit den Interessen der Anrainer. Die Verwaltung muss die nicht immer durchdachten Weisungen der Politik umsetzen. Deshalb versuchen wir bei Stakeholder-Round-Tables mit Politik und Verwaltung, mit Raumplanern, Verwaltungsjuristen, den Umweltverantwortlichen und Sachverständigen zu reden.
Einen Steinbruch oder eine Kiesgrube hat wohl niemand gerne in seiner direkten Wohnumgebung. Was tun Betreiber, um für ein gutes Miteinander zu sorgen?
Wasserbacher: Wir werden demnächst eine Studie »Akzeptanz der Rohstoffgewinnung in Österreich« präsentieren. Da zeigt sich: Je näher am Steinbruch, desto größer die Akzeptanz. Denn der Steinbruch schafft Arbeitsplätze und regionale Wertschöpfung. Je weiter weg der Steinbruch, desto geringer die Akzeptanz. Da werden dann nur noch die vorbeifahrenden Lkw und die Staubwolke in der Ferne gesehen. Da versuchen wir, den Unternehmen in der Öffentlichkeitsarbeit unter die Arme zu greifen. Das reicht vom klassischen »Tag der offenen Tür« über Schulausflüge bis zur Unterstützung regionaler Vereine.
Welche inhaltlichen Schwerpunkte setzt das Forum kurz- und mittelfristig?
Wasserbacher: Kurzfristig geht es vor allem um die Kommunikation mit unseren Mitgliedsunternehmen. Dazu haben wir Regionalgruppen installiert, die direkt vor Ort die lokalen Probleme erheben und sammeln und in den Bundesvorstand zur weiteren Bearbeitung bringen. Probleme, die in einem Bundesland auftreten, sind früher oder später in der Regel auch für andere Bundesländer relevant. Da können wir dann schon prophylaktisch agieren. Gleichzeitig versuchen wir gemeinsam mit der Wirtschaftskammer etwas Druck auszuüben, wenn wir feststellen, dass wie aktuell in Kärnten nur sehr wenig gebaut wird. Da stellt sich die Frage, was mit den entsprechenden Geldern passiert, denn die Gelder sind ja budgetiert und konkret verplant.Mittelfristig ist es unser Ziel, wie auf europäischer Ebene, ein anerkannter Partner für Politik und Verwaltung zu sein.