Für eine sichere Rohstoffgewinnung heute und in Zukunft
Tag für Tag benötigt jeder in Österreich lebende Mensch rund 33 kg Sand, Kies und Schotter. Jährlich summiert sich dieser Bedarf in ganz Österreich auf rund 100 Millionen Tonnen. Verwendet werden diese mineralischen Rohstoffe vor allem für den Straßenerhalt und eine funktionierende Infrastruktur. Sie sind aber auch Basis dafür, sich selbst, zu vertretbaren Kosten, ein Eigenheim zu schaffen. Allein in Wien bringt das Bevölkerungswachstum für die Stadt eine Reihe von Herausforderungen mit sich. Mit jährlich rund 10.000 neuen Wohneinheiten wird in Wien so viel gebaut wie in kaum einer anderen europäischen Stadt. Die dafür benötigten mineralischen Rohstoffe kommen meist aus den umliegenden Bundesländern wie Niederösterreich und dem Burgenland.
Ausreichend Rohstoffe, aber schwieriger Zugang zu Lagerstätten
Von den Rohstoffe gewinnenden Unternehmen wird erwartet, dass sie Baurohstoffe ausreichend zur Verfügung stellen, umweltschonend sowie qualitativ hochwertig gewinnen. Österreich ist zwar in der guten Lage über ausreichend Lagerstätten zu verfügen, jedoch wird der Zugang zu diesen aufgrund vieler Einschränkungen und Hemmnisse immer schwieriger. Lösen kann die Herausforderung der Sicherung der Rohstoffflächen und damit die Versorgungssicherheit die Rohstoff- und Bauwirtschaft jedoch nicht allein.
Versorgungssicherheit muss gegeben sein
Die Versorgung der Bevölkerung und Wirtschaft mit nachhaltig gewonnen Rohstoffen ist eine zentrale Aufgabe, um unseren Wohlstand zu erhalten bzw. auszubauen. Diese Versorgungssicherheit ist jedoch in einem geologisch rohstoffreichen Land trotzdem nur dann gegeben, wenn die Rahmenbedingungen so gestaltet sind, dass qualitativ hochwertige Rohstoffe auch leistbar gewonnen werden können. Die Branche arbeitet einerseits seit Jahren daran, mittels neuer Gewinnungstechniken und Methoden die Belastungen für die Bevölkerung so gering wie möglich zu halten. Andererseits ist es aber auch wichtig, dass Gewinnungsstätten wirtschaftlich betrieben werden können.
Zentrale Anliegen: Versorgungssicherheit, Lagerstättenschutz, Gesetzgebung und Verfahrenssicherheit
Das Forum mineralische Rohstoffe hat vier Herausforderungen definiert, die für die sichere und nachhaltige Versorgung mit mineralischen Rohstoffen als zentral angesehen werden. Für diese müssen Lösungen, vor allem auf politischer Ebene, gefunden werden. In erster Linie betrifft dies die Versorgungssicherheit der Österreichischen Bevölkerung als auch der Bauwirtschaft mit mineralischen Rohstoffen. Weiters ist klar, dass mineralische Rohstoffe nur dort gewonnen werden können, wo diese vorkommen. Deshalb sind in einem Land wie Österreich der Erhalt und die konfliktfreie Nutzung genehmigter Rohstofflagerstätten sowie der Lagerstättenschutz ganz zentral. Drittens ist die Gewinnung der benötigten Baurohstoffe ganz stark von einer klaren Gesetzgebung und den entsprechenden Genehmigungen abhängig. Deshalb ist schlussendlich auch für die Unternehmen der Rohstoffbranche die Verfahrenssicherheit über Gemeinde-, Bezirks- und Landesgrenzen hinweg überaus wichtig.
Österreichischer Rohstoffplan – Basis für eine konfliktfreie Rohstoffgewinnung
Das Wirtschaftsministerium beendete im Jahr 2010 seine Arbeiten zur Erstellung des Österreichischen Rohstoffplans, der einen Beitrag des Bundes zu einer nachhaltigen Mineralrohstoffversorgung darstellen sollte. Der Österreichische Rohstoffplan ist als Masterplan für eine konfliktfreie Rohstoffsicherung für die nächsten Generationen zu verstehen. Den für die Raumordnung zuständigen Ländern wurden die in den Jahren 2002-2010 erarbeiteten detaillierten Grundlagen und Auswertungen mit dem Ziel überantwortet, jene Bereiche in denen derzeit eine konfliktfreie Gewinnung mineralischer Rohstoffe möglich ist, raumordnerisch zu berücksichtigen. Damit sollte der Zugang zu den ortsgebundenen Lagerstätten langfristig garantiert werden. Die gelebte Praxis sieht jedoch ganz anders aus. Nahezu jedes Bundesland wählte eine andere Herangehensweise zur Sicherung der vorhandenen Rohstoffe im eigenen Bundesland, die einmal besser, einmal schlechter funktioniert.
Raumordnerische Sicherung und Schutz von Lagerstätten
Als Baubehörde erster Instanz hat jede/r Bürgermeister einerseits die Verpflichtung, die eigene Gemeinde mit mineralischen Rohstoffen (am besten aus der nahen Umgebung) zu versorgen. Weiters hat dieser auch die Verantwortung, nur zugelassene und qualitativ entsprechende Produkte in Ausbau und Erhalt der Gemeindeinfrastruktur einzusetzen. Schafft die Gemeinde dies beispielsweise aufgrund von Anrainerprotesten nicht, müssen mineralische Rohstoffe von „woanders“ herbeigeschafft werden. Das erhöht nicht nur die Rohstoffkosten, sondern auch den Transportaufwand und damit die Umweltbelastung.
Verkehr und Transport sind die großen Herausforderungen
Nicht der Naturschutz ist, wie viele annehmen würden, die zentrale Herausforderung der Rohstoffgewinnung, sondern Transport, Verkehr und die Erhaltung bzw. Genehmigung von Lagerstätten. Dabei ist und bleibt der Verkehr der gordische Knoten bei der Rohstoffgewinnung. Nach wie vor herrscht die Situation, dass der größte Teil der benötigten Baurohstoffe, aufgrund der Lage und der nicht vorhandenen Anbindung nicht auf der Schiene, sondern mit dem LKW transportiert wird (werden muss). Um Lärmbelästigung zu vermeiden, ist es das Ziel jedes Rohstoffe gewinnenden Unternehmens, die Zu- und Abfahrten für LKWs außerhalb von Wohngebieten zu führen. Vielfach gelingt dies, es gibt aber auch Gegebenheiten, wo dies nicht möglich ist. Zentral ist dabei ein gutes Verkehrskonzept, das die Interessen von Unternehmen, Anrainern und Bevölkerung bestmöglich in Einklang bringt. Es kann jedoch nicht sein, dass Betriebe alle Verpflichtungen der Gemeinden und öffentlichen Stellen für die bestmögliche Planung und Sanierung von Straßen etc. übernehmen müssen.
Entscheidungskompetenzen müssen richtig definiert werden
Viele Rohstoffvorhaben scheitern schon im Keim am Widerstand der Bevölkerung. Meist geht es um die Angst der direkten Anrainer hinsichtlich erhöhter Verkehrs-, Lärm- und Staubbelastung. Gemeint ist eher die Furcht vor Veränderungen und Eingriffen in der nahen Lebensumgebung. Mit diesem Problem – auch bekannt als NIMBY-Prinzip (Not In My Back Yard) oder Floriani-Prinzip – steht die Rohstoffbranche nicht allein da. Bei nahezu allen Diskussionen, wenn es um den Aufbau von Industrie-Standorten, Windrädern, Einkaufszentren, Mobilfunkmasten etc. geht, wird dieses Prinzip massiv verfochten. Infrastrukturprojekte, wie auch die Gewinnung von Rohstoffen für den Erhalt des allgemeinen Wohlstands, wird niemand grundsätzlich ablehnen. Jedoch nur solange es nicht vor der eigenen Haustür passiert. Es stellt sich daher die Frage, ob die vorhandene Gesetzgebung ausreichend ist und ob die Entscheidungskompetenzen in Gemeinde / Land / Bund richtig definiert sind.
Rohstoffgewinnung soll innerhalb der Raumordnung gleiche Bedeutung wie andere schützenswerte Güter haben
Die Herausforderungen für die Versorgungssicherheit sind vielfältig. Sie beginnen bei der Raumordnung, gehen über einen Mangel an Amtssachverständige bis hin zu Verlängerungen oder Abänderungen alter Bescheide, um diese aktuellen Gegebenheiten und Weiterentwicklungen anzupassen. Grundsätzlich sollte der Rohstoffgewinnung innerhalb der Raumordnung die gleiche Bedeutung wie anderen schützenswerten Gütern wie Forst, Wasser und Infrastruktur eingeräumt werden.
Mit Preisanstiegen und Versorgungsengpässen ist zu rechnen
Weitere Belastungen sind in Zukunft Naturereignisse, die an Häufigkeit und Intensität gewinnen werden. Auch ist mit Schäden in Folge von Katastrophen zu rechnen, was zu Engpässen und Preisanstiegen für Baurohstoffe führen wird. Tatsache ist, dass es bei Aufrechterhaltung des Status quo in Österreich in absehbarer Zeit keine verfügbaren Rohstoffe in ausreichender Menge zu vertretbaren Kosten geben wird. In den kommenden Jahren ist aufgrund dieses Rohstoffmangels mit Versorgungsengpässen und einer Verteuerung von mineralischen Rohstoffen, mehr LKW-Verkehr und einer steigenden Umweltbelastung zu rechnen.