Eine am stärksten mit Österreich verbundene Wirtschaft ist die Bauwirtschaft und damit die Gewinnung mineralischer Rohstoffe. Jährlich benötigen die 8,8 Mio. Einwohner Österreichs rund 100 Mio. Tonnen Sand, Kies und Schotter. Diese werden für Hoch- und Tiefbau, Erhalt von Gebäuden, Verkehrswegen, Kanalisation, Denkmäler, Schienenverkehr, Sportstätten und in der Landwirtschaft genutzt. Statistisch werden in Österreich in jeder zweiten Gemeinde – in 950 Sand- und Kiesgruben und 350 Steinbrüchen – mineralische Rohstoffe gewonnen. Als qualitativ hochwertige Baurohstoffe werden diese der Bevölkerung zur Verfügung gestellt und damit der Wohlstand aufrechterhalten.
Im Jahr 2020 wird in Wien mit 15.000 neu auf den Markt kommenden Wohneinheiten so viel gebaut wie in kaum einer anderen europäischen Stadt. Die dafür benötigten mineralischen Rohstoffe kommen aus den umliegenden Bundesländern Niederösterreich und Burgenland. Doch für viele Menschen ist die Grenze des Wachstums bereits erreicht oder gar überschritten.
Österreich ist zwar in der glücklichen Lage über ausreichende Lagerstätten zu verfügen, der Zugang zu diesen Rohstoffvorkommen wird aber immer schwieriger und kostspieliger. Das verteuert den Preis für den Baurohstoff und damit die Baukosten. Klar ist, dass ohne mineralische Rohstoffe in Österreich keine Gemeinde nur einen einzigen Tag funktionieren würde. Die Sicherung der heimischen Versorgung mit mineralischen Rohstoffen sowie die Stärkung der Unabhängigkeit gegenüber Dritten ist daher ein Gebot der Stunde.
Rohstoffe können nur dort gewonnen werden, wo sie vorkommen.
Die Rohstoffgewinnungsbetriebe sind standortgebunden und unterstützen als Nahversorger die heimische Wirtschaft in ihrer lokalen Wertschöpfung als auch als Arbeitgeber in strukturschwachen Regionen. Gerade in ländlichen Regionen, in denen Jobs Mangelware sind, sichert die Baurohstoffwirtschaft ca. 5.000 Arbeitsplätze. In der indirekt mit der Branche zusammenhängenden Bauwirtschaft sind dies dann über 150.000 Arbeitsplätze. Nur durch das Aufrechterhalten dieser kleinteiligen Struktur ist die Reduktion des Transportaufkommens und den damit verbundenen CO2-, Lärm- und Staubemissionen durch kurze Transportwege erreichbar – das schont vor allem Anrainer, Umwelt und Straßen. So liegt auch die durchschnittliche Entfernung von der Gewinnungsstätte zum Einsatzort derzeit noch bei rund 25 Kilometer.
Ohne mineralische Rohstoffe geht nichts – in der Wirtschaft aber auch im täglichen Leben.
Mittels moderner Technologien erfolgt die Gewinnung der Rohstoffe effizienter denn je. Die wirtschaftliche Bedeutung und die regionale Versorgung mit Baurohstoffen kommen in der öffentlichen Diskussion jedoch oftmals zu kurz. Das Forum mineralische Rohstoffe hat deshalb als Interessenvertretung von 120 Rohstoffgewinnungsbetrieben Österreichs fünf zentrale Herausforderungen definiert, an deren Bewältigung die Zukunft der Rohstoffversorgung des Landes hängt: Verfahrenssicherheit, Lagerstättenschutz, Rohstoffbedarf, Gesetzgebung und Versorgungssicherheit.
Keine Ressourcenknappheit, sondern »Genehmigungsknappheit«
Österreich ist zwar ein rohstoffreiches Land, vor allem die für die Bauwirtschaft wichtigen Vorkommen an Sand, Kies und Naturstein reichen noch für viele Jahrzehnte. Gänzlich unwahrscheinlich ist ein Versorgungsengpass dennoch nicht: Rohstoffgewinnende Unternehmen sind zunehmend mit langjährigen, kostspieligen Verfahren konfrontiert, die aus unklaren rechtlichen Rahmenbedingungen und Zuständigkeiten resultieren. So haben es Rohstoffunternehmen immer schwerer die vorhandenen Flächen für die Gewinnung zu sichern und damit die für den Bau benötigten mineralischen Rohstoffe, in entsprechender Qualität und auf kurzem Wege, zu liefern.
Rohstoffbranche lebt von und mit der Natur
Was viele glauben würden, am Natur- und Artenschutz spießt es sich selten. Es ist seit Jahren bewiesen, dass gerade Sand- und Kiesgruben als auch Steinbrüche wertvolle Lebensräume bzw. Sekundärstandort für bedrohte Arten bieten, die so in der Natur nicht mehr vorkommen. Intensive Nutzung des vorhandenen Flächenangebots und steigende Nutzungskonkurrenz bringen die auf besondere Standorte wie Magerrasen, karge Steinflächen, frische Felswände, freies und unverwachsenes Kiesgelände etc. angewiesene Flora und Fauna unter Druck. Die Rohstoffgewinnung stellt für diese bedrohten Arten Flächen und Bedingungen zur Verfügung, ohne die manche Spezies bereits ausgestorben wäre. So liefern Rohstoffgewinnungsstätten einen überaus hohen Beitrag zur Biodiversität. Die Rohstoffe gewinnende Branche ist sich durchaus bewusst, dass sie von und mit der Natur lebt und legt gerade deshalb großes Augenmerk darauf, mineralische Rohstoffe im Einklang mit Mensch und Natur zu gewinnen.
Natur- und Artenschutzaktivitäten in Rohstoffgewinnunsbetrieben
Jeder Betrieb hat die Möglichkeit, einzelne Natur- und Artenschutzmaßnahmen auf seinem Betriebsgelände durchzuführen. Dies kann von einfachen Gestaltungsmaßnahmen, wie dem Pflanzen von Hecken, dem Anbringen von Nisthilfen, einer Rücksicht auf das Brutverhalten der Vögel bis zu einzelnen der Natur überlassenen Flächen als Trittsteine für Frösche, Kröten, Libellen etc. reichen. Auch mehrjährige Stilllegungen am Betriebsgelände können sich oft überaus positiv auf die Entwicklung bedrohter Tiere und Pflanzen auswirken.
Vor allem Wasserflächen mit gestalteten Röhrichtzonen, in denen Rohrkolben und Schilf wachsen, sind wichtige Überlebensräume für Vögel. Teichrohrsänger, Zwergdommel und seltene Drosselrohrsänger können in diesen Uferzonen immer wieder beobachtet werden. So sind auch ehemalige Baggerseen überaus wichtige Lebensräume für den Haubentaucher oder den Flussregenpfeifer. Kiesinseln bieten zudem sehr gute Voraussetzungen für die Brutansiedelung von Flussseeschwalben und seltenen Arten wie Schnatter- oder Krickente. Damit Wasservögeln ein überschwemmungssicheres Bruthabitat zur Verfügung steht, ist es oft nötig diese Kiesinseln entsprechend zu vergrößert bzw. auch höher aufzuschütten. Oft brüten in diesen Landschaftsteichen auch gefährdete Kolbenenten, Kiebitze und Haubentaucher. Auch bedrohte Insekten bzw. Amphibienarten wie Wechselkröte, Gelbbauchunke, Laubfrosch, Kammmolch, Springfrosch, Grasfrosch, Erdkröte oder Teichmolch benötigen als Lebensraum bzw. Laichmöglichkeit, Tümpel mit strukturiertem Gewässerboden und unterschiedlichen Wassertiefen. Wiederum ganz andere Bedingungen benötigen diverse Steilwandbrüter, wie Uferschwalbe oder Bienenfresser. Um diesen Vögeln die Möglichkeit zum Nestbau zu bieten müssen Brutwände oft künstlich angelegt und entsprechend gepflegt werden. Diese Steilwände aus zweiter Hand bieten aber auch Wildbienen und anderen Insektenarten die Möglichkeit ihre Nester zu bauen. Für den Uhu
sind Steinbrüche mit ihren Felsvorsprüngen, Nischen, Höhlen oder Gesteinspodesten die perfekten Brutorte. Brütende Uhupaare sind auch während der Rohstoffgewinnung in den Steinbrüchen ansässig und lassen sich durch den Betrieb kaum stören. Durch artspezifische Maßnahmen kann dem Uhu schon während der Abgrabung geholfen werden. Da Uhus regelmäßig an ihre Brutstandorte zurückkehren, werden erkannte Brutplätze zeitweise von der Gewinnung freigehalten bzw. durch viele andere Brutplätze substituiert.
Versorgung mit mineralischen Rohstoffen muss auf politischer Ebene sichergestellt werden
Politisch Verantwortlichen auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebenen sind gefordert, die Zeichen der Zeit zu erkennen, entsprechende Aktivitäten zu setzen und klare Regeln für die Rohstoffgewinnung zu fassen, um die Versorgung der Bevölkerung mit mineralischen Rohstoffen für die nächsten Generationen sicherzustellen. Und dazu bedarf es einer entsprechenden Kommunikation auf Augenhöhe, ganzheitlicher Konzepte, eines frühzeitigen Dialogs, Moderation und Mediation. Durch faire Kommunikation und Kooperation kann die Akzeptanz für neue Projekte erhöht werden, aber vielleicht auch die Einsicht, dass private Einzelinteressen Grenzen haben und gegenüber dem öffentlichen Interesse nicht immer berücksichtigt werden können.