In der öffentlichen Wahrnehmung werden Rohstoffgewinnung und Naturschutz vielfach als Gegensätze gesehen. Steinbrüche, Sand- und Kiesgruben sind jedoch auch wertvolle Lebensräume für Pflanzen- und Tierarten. Dazu zählen oft auch seltene und gefährdete Arten wie die Watvögel Triel und Flussregenpfeifer, wandbewohnende Vögel wie Uhu, Uferschwalbe und Bienenfresser, seltene Eidechsen-, Lurch-, Schmetterlings-, Libellen-, Heuschrecken- und Wildbienenarten sowie trockenheitsliebende Pflanzen.

 

Um die ökologischen Vorteile von Rohstoffgewinnungsstätten vor den Vorhang zu holen und gute Beispiele für die einfache Umsetzung von betrieblich unproblematischen Maßnahmen auszuprobieren, wurde 2016 vom Forum mineralische Rohstoffe gemeinsam mit BirdLife Österreich in Niederösterreich ein Projekt gestartet, das aus Mitteln des Landes Niederösterreich und der EU (LE-Förderung) gefördert wurde. 2019 wurde das Projekt erfolgreich abgeschlossen. Auch der finanzielle Abschluss des Projekts wurde Anfang 2020 ohne Beanstandungen vollzogen.

 

Nach Bewilligung des Projekts durch das Land NÖ wurden seit 2016 vom Projektteam folgende Vorbereitungen getroffen:

 

  • regionsweise Beauftragung von qualifizierten und ortskundigen Ökologen für die Kartierung und Maßnahmenplanung in den Gewinnungsstätten:   – Weinviertel: Manuel Denner        – Industrieviertel: Frank Grinschgl  – Waldviertel: Axel Schmidt – Mostviertel: Werner Weißmair     Bei Bedarf wurden zusätzliche Spezialisten für Einzelfragen herangezogen (z.B. Johannes Hill, Rudolf Klepsch, Martin Pollheimer)
  • Auswahl von schutzwürdigen charakteristischen Tier- und Pflanzenarten sowie Lebensraumtypen, bezugnehmend auf die EU-Naturschutzrichtlinien sowie die „Handlungsprioritäten im Arten- und Lebensraumschutz in Niederösterreich“ (2009 & 2011).
  • Erstellung von allgemein verständlichen Steckbriefen für die ausgewählten Arten und Lebensraumtypen samt Maßnahmenvorschläge, einerseits als Leitfaden für die Kartierer, andererseits für die teilnehmenden Betriebe.
  • Anfragen von potenziellen freiwillig teilnehmenden Betrieben durch das Forum Rohstoffe, Auswahl von ersten Standorten für die Kartierungen.

 

 

Von 2017-2019 wurden eine Reihe von Kartierungen, Planungen und Umsetzungen von Maßnahmen zur Förderung der Biodiversität in 31 niederösterreichischen Rohstoffgewinnungsstandorten durchgeführt.

 

Die freiwillig teilnehmenden Firmen waren (in alphabetischer Reihenfolge): Asamer Kies- und Betonwerke GmbH, Richard Blaha GmbH, Dolomitsandwerk GmbH & Co KG, Haslauer Beton GmbH, Hengl Mineral GmbH, Josef Kirchweger Beton GmbH, Lafarge Zementwerke GmbH, Mineralabbau GmbH, Leopold Ottersböck GmbH, Riedler Kies und Bau GmbH & Co KG, Rohrdorfer Sand und Kies GmbH, Schärdinger Granit Industrie GmbH, Schönkirchner Kies Kiesgewinnungs- und –verwertungsgesmbH, Welser Kieswerke Treul & Co GmbH, Wopfinger Transportbeton GmbH, Hans Zöchling GmbH.

Das Projektteam dankt namens der begünstigten Tier- und Pflanzenwelt vielmals für deren Engagement!

 

 

Häufig angewandte Maßnahmen waren zum Beispiel:

  • Erhaltung und ggfs. Pflege (z.B. Rückschnitt von Ufergebüschen) von Kleingewässern, Gestaltung von Flachwasserzonen
  • Störungsminimierung um Uhu-Brutnischen
  • vorübergehend ungestörte Steinhaufen, Sandhaufen, Sandsteilwände, Geröllhalden
  • Anlage von Löss- oder Schotter-Rasen
  • Erhaltung von mageren Trockenstandorten durch Entfernung von Gehölzen und Abschieben von Humus
  • Folgende Leistungen rundeten das Projekt ab:
  • Begleitende Öffentlichkeitsarbeit zur Motivation von Betrieben und Präsentation der Ergebnisse
  • Präsentation der Projektergebnisse vor landesweiten Amtssachverständigen und Diskussion von entstandenen Fragestellungen (Wechselwirkung mit bestehenden Bescheiden, Zielkonflikte, Nachnutzung usw.)
  • Initiierung von Naturvermittlungen (Schulung von Naturvermittlern im Wege einer Exkursion bei Fa. Lafarge, Vermittlung von Kontakten zu interessierten Betrieben)
  • Die erbrachten Leistungen bewirkten folgende Kosten, die aus Mitteln der EU und des Landes Niederösterreich im Wege der „Ländlichen Entwicklung“ (LE) getragen wurden. Direkte für das Projekt kostenfreie Leistungen kamen von den Projektpartnern (Mitgliedsbetriebe sowie vom Büro des Forum Rohstoffe):
  • Vorbereitende Arbeiten (Konzeption, Steckbriefe) und Koordination der Umsetzungen: EUR 89.250 (LE)
  • Gesamtprojektabwicklung und Bewerbung bei Betrieben: Aufwand über die PR-Aktivitäten des FmR abgedeckt
  • Umsetzung von Maßnahmen durch die Betriebe: betriebseigener Aufwand
  • Betriebsbetreuung während und nach der Umsetzung der Maßnahmen: EUR 101.467 (LE)
  • Begleitende Öffentlichkeitsarbeit und Initiierung von Naturvermittlung: EUR 14.400 (LE)
  • Die aus der LE finanzierten Projektkosten betrugen daher EUR 205.117.

Schlussfolgerungen und Ausblick:

Viele niederösterreichische Rohstoffgewinnungsbetriebe waren sehr interessiert an dem entwickelten Konzept. Es zeigte sich, dass in vielen Unternehmen bereits erstaunliche Vorkommen von Schutzgütern zu beobachten sind. Weiters stehen beträchtliche biodiversitätsbezogene Vorkenntnisse und Motivation zur Verfügung und es besteht ein hohes Potenzial an biodiversitätsfördernden Umsetzungsmaßnahmen, die bei fachkundiger Planung nur geringfügig den laufenden Betrieb beeinträchtigen und dem Betrieb nur geringen Aufwand verursachen.

 

Die Systematisierung und Qualitätssicherung von Erhebungen und Maßnahmenplanungen mittels entwickelter Leitfäden („FmR-Steckbriefe“) je Schutzgut sowie die persönliche Betreuung durch Fachexperten vor Ort hat sich bewährt und wurde von den Betrieben gerne angenommen.

 

Eine Anwendung des in NÖ umgesetzten Konzepts auch in anderen Bundesländern wird daher für die Zukunft empfohlen und seitens des Projektteams angestrebt. Überlegungen betreffend die Einreichung eines Landes- oder Bundesprojekts sind im Gange.

 

Die mit den Amtssachverständigen angesprochenen Herausforderungen werden weiter lösungsorientiert diskutiert.

 

Die Naturvermittlungsaktivitäten (geschulte Naturvermittler erläutern Interessierten im Wege einer Exkursion bei interessierten Betrieben) werden weiter angeboten und organisiert.

 

Bei Interesse oder für Rückfragen kontaktieren Sie bitte gerne das Forum Rohstoffe oder BirdLife Österreich (E christof.kuhn@birdlife.at, T 0676/3725631).

 

Foto: © Axel Schmidt