Bei der diesjährigen Informationsveranstaltung des Forums Rohstoffe drehten sich die Vorträge primär um Nachhaltigkeitsaspekte bei der Rohstoffgewinnung und Baustofferzeugung. Der Bogen spannte sich von der Ermittlung des CO₂-Fußabdrucks für Gesteinskörnungen bzw. einer Betondecke im Straßenbau, über notwendige Berichtspflichten, Transportdistanzen, Evaluierung von Lagerstätten bis hin zum WIFO-Ausblick der Baukonjunktur 2024/2025.
Sechs qualifizierte Experten lockten am 18. April mit spannenden Vorträgen und einem breiten Themenspektrum rund um mineralische Baurohstoffe in den Sitzungsaal im Schlosshotel Imlauer. Ein Programmpunkt löste schon im Vorfeld Emotionen und teilweise hoffungsvolle Erwartungen aus. Mit dem Titel „Baukonjunktur 2024/25: Trendwende in Sicht?“ weckte Michael Klien vom WIFO das Interesse der Unternehmer. Doch es war Geduld gefragt, der Referent war als Letzter an der Reihe.
Den Auftakt machte indes Rudolf Ehrreich, technischer Referent im FmR und GSV. In einer detailreichen Präsentation gab er Einblick in die Treibhausgas-Studie für Gesteinskörnungen des Güteschutzverbands der österreichischen Kies-, Splitt- und Schotterwerke (GSV). Ziel war es die CO₂-Äquivalente für die Herstellung durchschnittlicher Gesteinskörnungen zu ermitteln. Um die klimarelevanten Auswirkungen des gesamten Herstellungsprozesses von Zuschlagsstoffen in einem Steinbruch oder einer Kiesgrube zu beleuchten, wurden die einzelnen Schritte im Werk genau untersucht. Analysiert wurde feines und grobes Material, jeweils von rundem Kies und gebrochenem Korn. Mit einem erfreulichen Ergebnis: Die Herstellung von Zuschlagstoffen hat einen sehr geringes globales Erwärmungspotential (GPW). Eine Tonne grobe Gesteinskörnung, die in einem heimischen Werk produziert wird, weist ein durchschnittliches CO₂-Äquivalent von 2,8 kg aus.
Berichtspflichten – wer ist betroffen?
Die ermittelten Daten sind auch für die Bauprodukteverordnung relevant. „Im Rahmen der Bauprodukteverordnung werden die Grundlagen der CE-Kennzeichnung überarbeitet und die Umweltproduktdeklaration eingeführt. Das Global Warming Potential der Gesteinskörnungen ist ein Basisbestanteil davon“, erklärt Ehrreich. Die Umweltproduktdeklaration (EPD) umfasst alle Umweltauswirkungen eines Produkts über seinen gesamten Lebenszyklus als berechenbare, vergleichbare Größe.
Damit ist das Vortragspanel in der Welt der Berichtspflichten angekommen. Und genau daran knüpfte auch der nächste Vortrag an. Kevin-Robbyn Wick, Geschäftsführer der Wolff & Müller Energy GmbH, klärte in seinem praxisnahen Vortrag über die Umsetzung der Berichtspflichten zur Nachhaltigkeit auf. Sein Unternehmen unterstützt deutschlandweit energieintensive Kunden in den Themenfeldern Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit und Umwelt. Kernessenz seines Vortrags: Unternehmen können direkt oder indirekt vom Thema Sustainable Finance betroffen sein. Die geforderten Maßnahmen sind in der EU-Taxonomie, der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und im Sustainable Finance Disclosure Reporting (SFRD) verankert.
Kein Erfolg ohne Daten
Die EU besteht bei der Berichterstattung auf Daten, da der Finanzmarkt ebenfalls stark datengetrieben ist, speziell um Risikobewertungen zu machen. „Ich rate den betroffenen Unternehmen Daten zu sammeln und einen Testlauf zu machen, um sicher zu gehen, dass im Ernstfall alles vollständig ist und der Wirtschaftsprüfer das auch freigeben kann“, sagt Wick. Im Schnitt dauert ein erstes Screening innerhalb eines Unternehmens drei Monate. Wie es mit der Anwendungspflicht der Nachhaltigkeitsberichterstattung weitergehen wird, lässt sich schwer prognostizieren. Vorbereitung sei jedenfalls alles; immerhin zeichnen sich international auch erste Signale auf Entlastung ab.
Betondecken im Straßenbau – ein Vergleich
Kreislaufwirtschaft ist das Thema der Stunde, aber sind rezyklierte Baustoffe tatsächlich umweltfreundlicher? Diesen Aspekt hat sich Sophia Astner in ihrer Diplomarbeit „Ermittlung des CO₂-Fußabdruck einer Betondecke im Straßenbau bei Verwendung von natürlichen und rezyklierten Gesteinskörnungen“ untersicht. Bei der Infoveranstaltung erklärt Sie, wie sie bei ihrer Forschung vorgegangen ist und beantwortet die wichtige Forschungsfrage: „Wie unterscheidet sich der CO₂-Fußabdruck einer Betondecke bei Verwendung von natürlichen Gesteinskörnungen von jenem bei Verwendung von rezyklierten Gesteinskörnungen?“ Dazu betrachtete die junge Forscherin die unterschiedlichen Lebenswegabschnitte wie die Herstellung der Betonausgansstoffe, Transport, Betonmischanlage und Betondeckenherstellung. Nach Datenerhebung und Berechnung folgte das überraschende Ergebnis: Der CO₂-Fußabdruck von rezyklierten Gesteinskörnungen ist im Vergleich zu natürlichen Gesteinskörnungen um ca. 1,5% größer. Mit anderen Worten: Die Verwendung von natürlichen Gesteinskörnungen ist umweltverträglicher. Grund dafür sei der höhere Zementgehalt im Recyclingverfahren.
Mineralische Rohstoffe – Fokus auf Exploration
Dass die heimischen Lagerstätten weiterhin wichtig bleiben, weiß auch Thomas Unterweissenbacher. Er ist spezialisiert auf Rohstoffgeologie und erstellt technologische Gutachten zur Erkundung und Bewertung des Untergrunds. In seinem Vortrag gibt er Einblicke in den typischen Ablauf eines Explorationsprogramms – von geophysikalischen Untersuchungen, über Kartierungen bis hin zur Bohrkernaufnahme.
Weiter im Programm ging es mit einem nicht minder wichtigen Thema: Regionale Versorgungsketten. Ist der Rohstoff erst einmal gewonnen, muss er schließlich an den richtigen Ort gebracht werden. Aber wie groß sind die Transportradien der heimischen Rohstoffe und Produkte der mineralischen Massivbaustoffherstellung? Und welche regionalwirtschaftlichen Auswirkungen ergeben sich dadurch? Diesen Fragen hat sich Stefan Kirchweger, Wissenschaftlicher Leiter des Forschungsinstituts STUDIA, angenommen. „Die untersuchte Unternehmensgruppe von Sand-Kies und Naturstein nimmt eine Sonderstellung ein“, betont er. Mit ihren kurzen Transportwegen von durchschnittlich unter 25 km tragen diese Unternehmen zur regionalen Verfügbarkeit des Materials sowie zur Verkehrs- und Umweltentlastung bei. Die Stude zeigt, dass die regionale Wertschöpfung gegeben ist und sich positiv auf die Beschäftigung auswirkt.
Baukonjuktur 2024/2025: Trendwende in Sicht?
Fehlt noch der wichtigste Teil, die Konjunkturprognose für Österreich. Diesen volkswirtschaftlichen Einblick gewährte Michael Klien vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO). Aktuell schrumpft die Bauwirtschaft, besonders der Wohnbau ist stark betroffen. Die negative Entwicklung der Wohnungsneubaubewilligungen werde noch bis mindestens 2025/2026 anhalten. In praktisch allen EU-Ländern verschlechterte sich die Auftragssituation im Vergleich zum Jahr 2022. Speziell in Österreich hält der Abwärtstrend an. „Der Arbeitskräftemangel ist inzwischen vom Auftragsmangel abgelöst worden“, resümiert Klien. Sein Ausblick deckt sich mit der allgemeinen Stimmungslage: Der Rückgang im (Wohn-)Bau im Jahr 2024 ist trotz Baukonjunkturprogramm unvermeidlich. Für die kommenden zwei Jahre wird laut Datenlage eine Stabilisierung, jedoch keine Trendumkehr erwartet. Freilich hätte Klien gerne bessere Nachrichten überbracht, aber gerade in Krisenzeiten gibt es viele Unsicherheitsfaktoren. Teilweise deuten sich Trendänderungen an, sind aber statistisch noch nicht signifikant. Kaum einem Ökonomen gelingt es deshalb, den genauen Wendepunkt zum Besseren vorherzusagen.
Autor: Evelin Past