Trotz langfristig sinkender Budgets ist die Wohnbauförderung das Herzstück des österreichischen wohnungspolitischen Modells, das aus gutem Grund als eines der besten Europas gilt. Die österreichische Bevölkerung verfügt über einen Wohnungsbestand, der zu den besten der Welt zählt. Wohnungsausstattung und -größe liegen deutlich über dem internationalen Durchschnitt und es ist auch sichergestellt, dass die Wohnungen leistbar bleiben, was zur gesellschaftlichen Integration und Stabilität beiträgt. Die Wohnbauförderung hat auch massive wirtschaftspolitische Wirkungen, etwa die Stabilisierung der Wohnungsmärkte und der Bauproduktion, sie beeinflusst Preisstabilität, sichert in großem Umfang Arbeitsplätze, aktiviert in enormem Ausmaß privates Investitionskapital und forciert Innovation.
Im Wohnbau haben Homeoffice und Teleworking die Nachfrage nachhaltig verändert. Es werden wieder größere Wohnungen verlangt. Der Trend geht von den Städten ins Umland. Nachdem die Arbeit vermehrt zu Hause erledigt werden kann, strecken sich die Pendler-Distanzen. Das Einzugsgebiet der Städte weitet sich dadurch deutlich aus. Die Wohnbauförderung hat wesentlich dazu beigetragen, im Krisenjahr 2020 Kontinuität im Wohnbau sicherzustellen.
Im Auftrag des Fachverbands Steine-Keramik hat das IIBW die Wohnbauförderungsstatistik für das Jahr 2020 erstellt. Nachstehend sind die Hauptergebnisse der Studie zusammengefasst.
- Bevölkerungswachstum trotz COVID-Pandemie
Die Bevölkerung hat auch im Krisenjahr 2020 zugelegt, über dem österreichischen Durchschnitt von 0,4% v.a. in Vorarlberg, im Burgenland und in Wien. Im Abstand eines Jahrzehnts sind 540.000 Menschen bzw. 355.000 Haushalte dazu gekommen. Anfang 2021 lebten 8,93 Mio. Menschen in Österreich. Die prozentuelle Zunahme liegt deutlich über dem EU27-Durchschnitt. Das Wachstum resultiert – trotz Pandemie – weit überwiegend aus Zuwanderung. 2020 wurden knapp 6.500 an COVID-19 verstorbene Menschen registriert. Trotz aller Dramatik wird die Pandemie die langfristigen demographischen Trends kaum beeinflussen. Die Bevölkerungsprognose der Statistik Austria geht für das bevorstehende Jahrzehnt von zusätzlich 290.000 Einwohnern bzw. 205.000 Haushalten aus.
- Geringe Wohnkosten von Eigentümern, Mieten steigen weiter
Eigentümer wohnen mit durchschnittlich EUR 3,6/m² viel günstiger als Mieter mit EUR 10,3 /m² („brutto warm“, ohne Kapitaltilgung). Die Bestandsmieten steigen nach wie vor deutlich über der Inflationsrate. Im Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre sind gemeinnützige und gewerbliche Mieten gleichermaßen um etwa 3,0%/Jahr gestiegen. Die Wohnkosten gemeinnütziger Wohnungen liegen mit EUR 7,4/m² aber um ein gutes Fünftel unter jenen privater Mietwohnungen mit EUR 9,6/m² („brutto kalt“).
- Neubauboom geht weiter
2020 wurden trotz mehrerer COVID-Lockdowns 78.500 Wohnungen baubewilligt (neue Wohnungen in neuen sowie in bestehenden Gebäuden). Das ist einer der höchsten Werte der vergangenen Jahrzehnte. In mehreren Bundesländern übersteigt der Neubau den demographisch begründeten Bedarf erheblich, v.a. in der Steiermark, aber auch in Wien und den westlichen Bundesländern. Das Risiko einer Immobilienblase wird als gering eingestuft. Allerdings wächst kein Bestandssegment so schnell wie Wohnungen ohne Hauptwohnsitz.
- Rückläufige Förderungszahlen
Die Förderstatistik wurde rückwirkend revidiert, indem nun auch Förderungen für neue Wohnungen in bestehenden Bauten berücksichtigt werden. 2020 ging die Förderleistung gegenüber dem Vorjahr um 5% auf 24.300 zugesicherte Wohneinheiten zurück. Gegenüber dem zehnjährigen Durchschnitt sind es -13%. Die 2020 zugesicherten ca. 20.000 Förderungen für Geschoßwohnungen bedeuten einen Rückgang um 8% gegenüber dem langjährigen Durchschnitt. Wenige Länder haben ihre großvolumige Förderung ausgeweitet (Wien), in mehreren sind starke Rückgänge zu verzeichnen, v.a. in den westlichen Bundesländern. Die Eigenheimförderung hat sich mit 4.300 Zusicherungen auf sehr niedrigem Niveau stabilisiert (-1% zum Vorjahr). Der langfristig rückläufige Trend zeigt sich aber am Vergleich mit dem zehnjährigen Durchschnitt (-29%). Der Förderungsdurchsatz, also das Verhältnis von Förderungszusicherungen zu Baubewilligungen, der bis in die 2000er-Jahre noch bei 80-90% lag, ist bei Geschoßwohnungen auf ca. 50% und bei Eigenheimen auf ca. 20% gesunken. Daraus resultieren einerseits ein verringerter öffentlicher Aufwand, andererseits der Verlust von Lenkungseffekten.
- Anhaltend geringe Förderungsausgaben
Zwanzig Jahre lang, von Mitte der 1990er bis Mitte der 2010er-Jahre, war die Wohnbauförderung in weitgehend konstanter Höhe von EUR 2,4 bis 3,0 Mrd. dotiert. Seither sind die Förderungsausgaben stark rückläufig. 2020 wurde zwar wieder um 4% mehr als im Vorjahr ausgegeben, mit EU 2,07 Mrd. liegt der Wert aber dennoch um 12% unter dem zehnjährigen Durchschnitt. Die Neubauförderung lag um 6% über dem Vorjahr (aber -11% zum langjährigen Durchschnitt), die Sanierungsförderung stagnierte (-22% im langfristigen Vergleich), die Subjektförderung sank weiter um 2% (langfristig -13%). Insgesamt liegen die wohnungspolitischen Ausgaben des Staats bei unter 0,5% des BIP. Damit liegt Österreich im europäischen Vergleich im untersten Drittel.
- Belebung der Sanierung lässt weiter auf sich warten
Die Sanierungsförderung stagnierte 2020 auf dem niedrigen Niveau von etwa EUR 470 Mio. Gegenüber dem Höchstwert von 2010 sind das -43%. Immerhin stieg die Zahl der Förderungszusicherungen gegenüber dem Vorjahr auf 19.100 bei Eigenheimen und 40.000 im Geschoßwohnbau. Positiv entwickelt sich der Sanierungsscheck des Bundes mit Förderausgaben von EUR 83 Mio. Gemäß einer von IIBW und Umweltbundesamt entwickelten Berechnungsmethode wurde zuletzt durch geförderte, ungeförderte, umfassende und äquivalente Einzelmaßnahmen eine Sanierungsrate von ca. 1,5% erreicht. Zur Erreichung der Klimaziele ist eine Verdoppelung nötig.
- Wohnbeihilfe auch in der COVID-Krise rückläufig
Den rückläufigen Ausgaben für die Subjektförderung steht eine gleichfalls rückläufige Zahl an Wohnbeihilfe beziehenden Haushalten gegenüber. Im Gegensatz zu früheren Jahren entwickelte sich auch die „Abdeckung von Wohnbedarf“ in der Sozialhilfe der Länder (bzw. Bedarfsorientierten Mindestsicherung) 2020 nur moderat. Deren Ausgaben übersteigen mittlerweile jene der Wohnbeihilfe deutlich. Einzelne Bundesländer haben alle wohnungsbezogenen Subjektförderungen in den Sozialabteilungen zusammengezogen.
Die Broschüre „Wohnbauförderung in Österreich 2020“ ist abrufbar unter:
https://www.baustoffindustrie.at/wp-content/uploads/2021-IIBW-Wohnbauförderung-2020.pdf
Gedruckte Exemplare können Sie bei Interesse im FmR-Büro anfordern: info@forumrohstoffe.at